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Für Walter Steffens ist „Musik eine Sprache und als Sprache Allgemeinbesitz“. Wenn er sich gegen den „krankhaften Versuch“ wendet, die Musik unserer Zeit einengend zu kategorisieren, beruft er sich dabei auf Pierre Boulez, der dieses Vorgehen bereits mit einer schrecklichen und regelmäßig wiederkehrenden Epidemie verglich. „Kunstwerke verblassen und veraltern nie, sie sind immer in den Mitteln ihrer Zeit zugänglich und gültig“, lautet das Bekenntnis, mit dem der Komponist Walter Steffens Ehrfurcht vor den großen schöpferischen Leistungen zurückliegender Epochen bekundet.

„Die künstlerische Tat eines Komponisten“, erläutert Walter Steffens sein Verständnis der Grundlagen seines Schaffens, „wird nicht durch sein theoretisch-kommunikatives Wollen bestimmt, sondern durch die künstlerische Tat selbst, für die er mit seiner Existenz zu bürgen hat. Ich verzichte daher auf Manifestationen meines künstlerischen Wollens und weiß, dass nur eines zählen wird: den gesicherten Werten der Tradition gerecht zu werden.“ Ebenso wie aus den in sich vollendeten musikalischen Werken vergangener Jahrhunderte bezieht Steffens Inspiration aus Literatur und Bildender Kunst. In tiefem Respekt vor den herausragenden Leistungen bedeutender Vorgänger fand er zu einer ganz eigenen musikalischen Sprache, die auf einem selbst erfundenen, zwischen tonalen und atonalen Elementen vermittelnden Tonsystem basiert.

Diese Sprache spiegelt bildhafte Eindrücke wider. Tief geprägt hat Walter Steffens die Kindheit in den Kriegsjahren. 1934 in Aachen geboren, wuchs er in Dortmund auf. Das bedrohliche Summen schwerer Bomberverbände und die Schrecken der Luftangriffe verarbeitete er Jahrzehnte später in seiner meistaufgeführten Komposition „Guernica“. Für den Achtjährigen bedeutete die Kinderlandverschickung in das ländliche Baden-Württemberg die Trennung von der Familie, den Eltern und der Schwester. Aus Einsamkeit und Sehnsucht erwuchs früh der Wunsch, Gedanken und Gefühle in Klänge umzusetzen.

Das erste Rüstzeug dafür gab ihm nach dem Krieg die Grundausbildung durch Musikdirektor Max Spindler in Dortmund und der Dirigierunterricht am Dortmunder Konservatorium durch Rolf Agop. Hamburg, wo Gustaf Gründgens Theatergeschichte schrieb und die für das Musikleben der Nachkriegszeit außerordentlich bedeutsame Ära Liebermann gerade begonnen hatte, war für Walter Steffens der Ort, der ihm am geeignetesten erschien, um auf dem Weg voran zu kommen, den er als Berufung verstand. An der Staatlichen Hochschule für Musik in Hamburg studierte er bei Ernst-Gernot Klußmann und dem Busoni-Schüler Philipp Jarnach Komposition, bei Wilhelm Maler Musiktheorie. Ende der 50er Jahre entstanden die ersten Kompositionen, die in das Werkverzeichnis aufgenommen wurden.

Als Erfolg gefeiert wurde die 1967 uraufgeführte erste Oper „Eli“ nach Nelly Sachs, ein Auftragswerk der Stadt Dortmund zur Eröffnung des neuen Opernhauses. Die zweite Oper, „Unter dem Milchwald“ nach Dylan Thomas, war das letzte Auftragswerk, das unter der Intendanz von Rolf Liebermann 1973 an der Hamburgischen Staatsoper zur Uraufführung kam. Zwar lasse sich das Stück als „Literaturoper“ bezeichnen, schreibt Irmgard Scharberth in „Musiktheater mit Rolf Liebermann“ (Hans Christians Verlag, Hamburg 1975). Es zeige sich jedoch, „wie wenig mit solchen Begriffen gesagt ist, wenn es gilt, den Eindruck der Aufführung, den Zauber der szenisch-musikalischen Transposition der Vorlage zu erfassen“.

Neben der kompositorischen Arbeit übte Walter Steffens eine langjährige Lehrtätigkeit aus, ab 1962 am Hamburger Konservatorium, dann seit 1969 zunächst als Dozent für Komposition und Tonsatz an der Hochschule für Musik in Detmold, wo er von 1971 bis 2000 eine Professur für Komposition und Musiktheorie inne hatte. Seit jeher zog ihn die nicht weit von Detmold entfernte ehemalige Benediktinerabtei Marienmünster, in deren Umgebung er wesentliche Anregungen für seine Oper „Die Judenbuche“ fand, magisch an. In geschichtsträchtiger Landschaft bezog er hier nach der Emeritierung einen Wohnsitz, dessen besonderer Reiz auf dem Reichtum der Naturschönheit, der Ausstrahlung des benachbarten sakralen Bauwerks und einem auf Kulturförderung ausgerichteten Umfeld beruht.

Zahlreiche Auszeichnungen wurden Walter Steffens zuteil. 1963 erhielt er das Bachpreis-Stipendium in Hamburg, 1966 den Berliner Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Preis, 1969 das Stipendium für einen Aufenthalt in der Cité Internationale des Arts in Paris. Seit 1974 ist er Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg. 1977 wurde seine musikalische Arbeit mit dem Westfälischen Kunstpreis, dem Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis, gewürdigt. 1987 und 1989 war Walter Steffens Ehrengast der Villa Massimo in Rom.

Einen Schwerpunkt seines kompositorischen Schaffens bildet neben den Opern die Musik zu Bildern. Der Vermittlung zwischen Bildender Kunst und Musik hat er sich mit über hundert Bildvertonungen u. a. zu Werken von Bosch, Rubens, Chagall, Picasso, Klee, Munch, Aubertin, Soto, Penck, Schumacher gewidmet.

„Als Europäer deutscher Herkunft bin ich in meiner Ausdrucks- und Gestaltungsweise vielfach an die hinreißende europäische Gattungsgeschichte gebunden“, äußert sich Steffens zu seinem Stil. Konkret habe sich seine Schreibweise in den vergangenen 15 Jahren etwa derart entwickelt: „Ausgehend von der Atonalität fand ich eine musikalische Sprache, die sich zunächst auf einen fünfstimmigen Akkord mit einer dazu gehörenden Achttonskala konzentriert. Dieses Gestaltungszentrum ermöglicht Klänge, Linien, Farben und Formen, die dem angemessenen Ausdruck sinnlich steigernd dienen.“ Er suche, sagt der Komponist, „die nicht verfremdeten Klänge von Instrumenten und der menschlichen Stimme in ihrer langjährig kultivierten Höchstform“.


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